#002.3 - Miriam - Das Leben ist ein Fluß
(Gedanken zum Minimalismus)
(Gedanken zum Minimalismus)
Dies ist das Zuhause der
Menschen, Haustiere und
meiner Geschichten. :-)
meiner Geschichten. :-)
Wir zoomen uns wieder in
den 1. Stock links und beobachten die
weiteren Aktivitäten und Gedanken von Miriam.
weiteren Aktivitäten und Gedanken von Miriam.
Veränderungen fordern
heraus oder das Leben ist ein Fluss
Am nächsten Morgen
klatschten dicke Regentropfen an mein Fenster. Mein zweiter Blick
fiel auf die Plastiksäcke mit der aussortierten Kleidung. Ein Gefühl
von Stolz stieg in mir hoch. Ich hatte es gestern wirklich
durchgezogen. Der innere Schweinehund Horst legte mir von hinten
seine Pfote auf meine Schulter und flüsterte: „Jetzt hast Du
gestern soviel geschafft. Lege doch heute eine Pause ein.“ Das war
eine sehr verlockende Idee, aber mein Stolz und meine Motivation
besiegten Horst und ich stand auf. Es war kein Aufspringen eher ein
Schleichen, aber immerhin konnte der Tag außerhalb von Laptop
(Netflix) oder Fernseher beginnen.
Während das heiße
Wasser durch die Kaffeemaschine lief und sich ein köstlicher Duft in
der Küche ausbreitete, plante ich den weiteren Tag. Mein Sohn würde
gegen 17.00 Uhr von seinem Vater-Wochenende zurückkehren und bis
dahin wollte ich einen weiteren großen Brocken erledigt haben. Auf
jeden Fall wollte ich die Plastiksäcke mit der aussortierten
Kleidung zu den Containern des Sozialkaufhauses bringen, damit ich in
einer schwachen Minute nicht wieder beginnen würde, Teile daraus
hervorzuholen.
Während ich mich für
meine nächsten Aktionen mit Kaffee und Brötchen stärkte, startete
ich auf meinem Smartphone ein Video meiner YouTube-App. Es zeigte
eine hübsch geschminkte junge Frau, die ebenfalls ihren
Kleiderschrank entrümpelte. Sie schien wenig „Horst“-Probleme zu
haben und wirkte sehr aufgedreht. Meine Gedanken dazu waren, dass der
Vergleich mit anderen nicht viel bringt. Die Einwände meines inneren
Schweinehundes wollte ich zukünftig einfach in den Prozess
integrieren. Ich war halt ich und Horst war Horst, also musste ein
konstruktiver Weg gefunden werden, damit umzugehen. In einem Buch,
was ich vor einigen Wochen gelesen hatte, schlug der Autor vor, sich
zu einem bestimmten, späteren Zeitpunkt mit dem inneren Schweinehund
zu verabreden und seine Einwände dann mit ihm auszudiskutieren. Die
Idee fand ich interessant und beschloss, falls Horst anfangen sollte,
mich zu sehr zu blockieren, dieses Vorgehen auszuprobieren.
Das Einräumen meiner
Lieblingskleidung in die Boxen und anschließend in meinen Schrank
fand ich toll. Noch gestern hatte ich meinen Schrank geputzt und nahm
ich den schwachen Geruch des Lavendel-Reinigers während des
Einsortierens wahr. Das fühlte sich großartig an. Nachdem ich mich
ein paar Mal umentschieden hatte, wohin ich die Sachen wirklich
räumen wollte, war es vollbracht: Ein aufgeräumter Kleiderschrank
nur mit Lieblingsteilen! Super!
An diesem Tag schaffte
ich es tatsächlich, die Plastiksäcke zum Sozialkaufhaus-Container
zu bringen. Ich stellte mir bildlich vor, wie sehr sich andere über
die Sachen freuen würden. Außerdem war ich so im Flow, dass ich am
Ende des Tages die Schuhe und Taschen ebenfalls abhaken konnte.
Abends war mein Sohn
wieder da und erzählte von seinem Wochenende und dem Kinofilm, den
er mit seinem Vater geschaut hatte. Nachdem er sich nach dem
Abendessen in sein Zimmer zurückgezogen hatte, rief ich meine
Kollegin an, die mir das Entrümpelungsbuch geliehen hatte.
„Hallo Elena“, sagte
ich, „danke nochmal für das Buch. Dieses Wochenende habe ich bei
meiner Kleidung begonnen. Ich bin zwar erledigt, fühle mich aber
hochmotiviert, weiter zu machen. Es fühlt sich richtig gut an.“
Elena war die Kollegin, die sehr viel Ruhe ausstrahlte und die in
meinem Team immer wie ein Fels in der Brandung war.
„Sehr gerne, Miriam“
, antwortete sie, „ich habe das, was Du dieses Wochenende gestartet
hast, vor eineinhalb Jahren begonnen und es hat mittlerweile alle
meine Lebensbereiche erreicht. Ich esse gesünder und habe, wie Du ja
weißt, meine Zuckersucht überwunden. Die Bürokekse habt ihr ja
seit einem halben Jahr ganz für euch. Außerdem habe ich mich vor
kurzem von Rainer getrennt. Er war ein echter Bremsklotz für mich
und mein Leben, ständig negativ eingestellt und immer nur bei der
Arbeit.“ „Das hattest du mir gar nicht erzählt“, erwiderte
ich, „es tut mir irgendwie leid, das zu hören. Ich fand Rainer
sehr nett und war eigentlich der Meinung, dass ihr beide gut zusammen
passt.“ „Rainer ist definitiv ein netter Mann, er passt nur
leider nicht mehr zu mir“, sagte Elena, „Dinge und Menschen
verändern sich und die Klarheit, die ich momentan in meinem Leben
habe, hat es deutlich gezeigt, dass wir als Paar nicht mehr
funktionieren. Es ist zwar schade, aber so ist das Leben. Lass uns
morgen in der Mittagspause zusammen essen gehen und ich erzähle dir
noch mehr über die Sache.“
„Okay, machen wir. Ich
wünsche dir einen schönen Abend und bis morgen“, schloss ich
unser Telefonat.
Nachdenklich blickte ich
auf meine Teetasse. Es konnte einem schon angst und bange werden
angesichts der Veränderungen, die meine Kollegin anscheinend
durchlebte. Ich fragte mich, ob ich über das Sortieren von
Gegenständen hinaus weitere Veränderungen in meinem Leben haben
wollte. „Wahrscheinlich muss man einfach auf sich zukommen lassen, was passieren
wird“, dachte ich, „das Leben fließt wie ein Fluss und nichts
bleibt so, wie es war.“ Mit diesen Gedanken, die einerseits
beängstigend und andererseits spannend waren, beendete ich den Tag.
Vor dem Zubettgehen warf ich noch stolz einen Blick in meinen
aufgeräumten Kleiderschrank und freute mich in diesem Moment auf
alles, was das Leben noch für mich bereit halten würde.
Ende #002
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