#004.2 - Marie - Der Brief im Treppenhaus
Dies ist das Zuhause der
Menschen, Haustiere und
meiner Geschichten. :-)
meiner Geschichten. :-)
Heute berichte ich, was
bei Marie aktuell los ist.
Marie ist verliebt und gleichzeitig stürzt die Welt in die große Corona Krise.
Marie ist verliebt und gleichzeitig stürzt die Welt in die große Corona Krise.
Hannahs Brief im
Treppenhaus
Die ganze Welt stand
Kopf. Das Corona Virus beherrschte alle Medien, die Bewegungsfreiheit
wurde immer mehr eingeschränkt und einige Menschen neigten zu
Übersprungshandlungen in Form von übertriebener Vorratshaltung,
wahrscheinlich um sich selbst zu beweisen, in dieser aus den Fugen
geratenen Welt überhaupt noch irgendeinen Bereich unter Kontrolle
zu haben.
Marie lernte während
dieser ganzen Phase der massiven allgemeinen Verunsicherung Christian
immer besser kennen. Sie war sehr glücklich darüber, manchmal sogar
regelrecht euphorisch. Sie wünschte sich ab und zu, dass die
Weltlage weniger kompliziert sein möge, weil auch eine
Kennenlernphase zwischen zwei Liebenden zeitweise herausfordernd war.
Dieses Schwanken zwischen dem Gefühl, angekommen zu sein, und
andererseits wieder aufkeimende Zweifel, die sich bis jetzt als reine
gedankliche Fiktionen herausgestellt hatten, beschäftigte Marie
aktuell sehr. „Ich sollte manchmal einfach weniger nachdenken“,
war Maries Schlussfolgerung, als sie – im Nachhinein völlig aus
der Luft gegriffen – einen Anflug von Eifersucht auf die Ex-Frau
intensiv mit Christian diskutiert hatte. Sie hatten sich regelrecht
gestritten und das wegen einer etwas ungeschickten Formulierung von
Christian, also eigentlich wegen gar nichts.
Mitten in diesem
gedanklichen und gefühlsmäßigen Auf und Ab lief Marie am
Donnerstag auf dem Weg ins Büro die Treppe herunter. Sie war – wie
immer – spät dran. Unten neben den Briefkästen an der Wand hing
ein Zettel. Darauf war in kindlicher Schrift und einem grünen
Filzstift etwas geschrieben:
Liebe Nachbarn,
hiermit möchte ich
Euch oder Ihnen meine Hilfe anbieten. Falls Sie mich nicht kennen,
ich bin Hannah, 11 Jahre alt, und wohne im Erdgeschoss.
Marie kannte Hannah und
mochte das etwas schüchterne Kind sehr. Sie fotografierte den Zettel
mit ihrem Handy, weil sie später unbedingt in Ruhe lesen wollte, was
Hannah zu sagen hatte.
Als Marie wieder zu Hause
war und die Nudeln mit Gemüse von gestern aufgegessen hatte, nahm
sie ihr Handy zur Hand, öffnete das Foto von heute morgen aus dem
Treppenhaus.
Die kleine Hannah schrieb
weiter:
….
Wenn Sie Hilfe, z. B.
für Einkäufe, brauchen, rufen Sie mich :
0151 – xxx xxx xx
Ich kann Ihnen die
Sachen vor die Wohnungstür stellen und alle Dinge können wir
telefonisch absprechen, so dass der Abstand, den man gerade halten
sollte, eingehalten wird. Mein Angebot ist kostenlos für Sie.
Ich darf momentan nicht in die Schule und habe Zeit dafür.
Da ich oft darüber
nachdenke, wie es mit unserer Welt wohl weitergeht, schreibe ich
Ihnen einige meiner Gedanken dazu auf. Wenn Sie sie lesen möchten,
freue ich mich sehr darüber.
Ich finde es gerade
gut, dass alle Menschen körperlich Abstand halten. Normalerweise
wird geschubst und gedrängelt, das mag ich überhaupt nicht. Wenn
ich jetzt für unsere Familie etwas einkaufe, kommt mir niemand zu
nah. Könnten wir das beibehalten, wenn wieder alles „normal“
ist?
Außerdem ist alles
sehr viel entspannter und leiser. Ich weiß, dass die meisten
Menschen es mögen, wenn viel los ist, aber es gibt auch die anderen,
die leisen Menschen. Alle sind wichtig, das möchte ich betonen.
Ich lade Sie ein, sich folgendes vorzustellen:
Wenn Sie jemand sind,
der sonst immer viel unternimmt und sich oft mit anderen Menschen
trifft, stellen Sie sich vor, die Welt wäre immer so, wie sie im
Moment ist: Ruhig und wenige Menschen, die man treffen kann. Dieser
Gedanke ist anstrengend und ermüdend für Sie? Dann haben Sie
dadurch vielleicht einen kleinen Eindruck, wie es leisen Menschen
normalerweise fast immer geht. Sie bewegen sich in einer
Umgebung, die nicht gut zu ihnen passt, müssen damit zurechtkommen
und werden außerdem oft dafür kritisiert, weil sie so sind, wie sie
sind.
Ich wünsche mir für
die Zukunft und für die Welt, in der wir leben, dass alle Menschen
mit ihren Besonderheiten mit Respekt behandelt werden und dass wir zusammen,
die Hektik, den Stress, auch den Müllberg (weil fast Jeder sehr
viele Dinge kauft) verkleinern. Wir hätten mehr Zeit zum Lesen,
Spielen und miteinander reden; für die Sachen, die meiner Meinung
nach wirklich glücklich machen.
Eure/Ihre Hannah
PS Unser Haus mag ich
sehr, weil sich hier alle ganz lieb um den Kater Spike kümmern. Wenn
das schon möglich ist, schaffen wir alles andere auch, oder?
Wir leisen Menschen
laden Euch ein
die Geschichten zu entdecken,
die sich hinter knorrigen, alten Bäumen verstecken.
Wir erinnern Euch, wenn Ihr wollt,
an das einfache Dasein im hier und jetzt,
von Raum und Zeit durchdrungen,
selbstvergessen und eins mit der Welt.
die Geschichten zu entdecken,
die sich hinter knorrigen, alten Bäumen verstecken.
Wir erinnern Euch, wenn Ihr wollt,
an das einfache Dasein im hier und jetzt,
von Raum und Zeit durchdrungen,
selbstvergessen und eins mit der Welt.
Das ist kleiner
Ausschnitt aus dem Poetry Slam, den ich dieses Jahr in der Schule
vorgetragen habe, für diese besondere Zeit!
Marie
war beeindruckt von dem kleinen Mädchen. „Unglaublich, was in
diesem Kind schlummert“, dachte sie, „Hannah hat wahrscheinlich
Recht, wir schaffen alles, wenn wir uns gegenseitig respektieren und
zusammenhalten.“ Sie nahm das Telefon wieder in die Hand , um
Christian anzurufen und ihm von ihrer kleinen Nachbarin zu erzählen.
Außerdem war sie sehr neugierig auf die Geschichten, „die
sich hinter knorrigen,
alten Bäumen verstecken“.
„Vielleicht ergibt sich irgendwann eine Gelegenheit, dass Hannah
mir eine ihrer Geschichten erzählt“, dachte Marie und lächelte
bei dem Gedanken.
Fortsetzung folgt
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