Mittwoch, 7. Dezember 2022

000.13 - Coming soon: Das Buch "Spike und Anna"

Liebe Leserinnen und Leser, 
liebe Freundinnen und Freunde, 

hier kommt ein Auszug aus meinem Buchprojekt "Spike und Anna". In dem Kapitel stelle ich den Kater Spike vor. Regelmäßige Leser*innen des Blogs kennen ihn natürlich. Er ist das verbindende Element in meinen Beiträgen zu den unterschiedlichen Themen. Nun ist er zusätzlich eine wichtige Figur in meinem Buch, das demnächst fertig sein wird, wenn alles wie geplant läuft. 

Anna ist die Hauptfigur, die trotz Corona Pandemie eine zauberhafte und intensive Zeit erlebt. Aber ich will nicht zu viel verraten. 

Darf ich vorstellen? Das ist der weise alte Kater Spike: 


Guten Tag, mein Name ist Spike. Ich bin 16 Jahre alt und ein Kater, der seit vielen Jahren - gefühlt schon immer - in diesem Mehrfamilienhaus lebt. 

Ursprünglich zog ich mit Katrin hier ein. Katrin war immer beschäftigt und so verbrachte ich meine Tage als junger Kater, um die Gegend draußen kennenzulernen. Sämtliche Mauselöcher, menschliche Nachbarn und andere Haustiere wurden von mir genauestens unter die Lupe genommen. Katrin verließ früh morgens die Wohnung, schickte mich nach der Fütterung nach draußen und kam stets spät mit hängenden Mundwinkeln von ihrem Bürojob zurück. Meistens erwartete ich sie abends auf unserer Fußmatte, um sie zu begrüßen. 

Im Nachhinein bin ich der Meinung, dass ich Streunerblut in mir habe, weil ich es nie lange in geschlossenen Wohnungen aushalte. Ich brauche die frische Luft, stets neue Bilder und Eindrücke und gerne habe ich unterschiedliche Menschen um mich, die mich mit verschiedenen Sprachen und Klängen ansprechen und mit Leckerlis versorgen.  

Katrin verliebte sich nach unserem zweiten Sommer und zog Hals über Kopf aus der kleinen Wohnung aus, um ein neues Leben am anderen Ende der Stadt mit ihrer großen Liebe zu beginnen. Ich fühlte mich dort unwohl und wanderte durch viele Straßen zurück in mein vertrautes Revier. 

„Da bist ja wieder, mein Süßer“, begrüßte mich der Hippie-Mann aus dem ersten Stock, „ich habe dich vermisst.“ Der Hippie-Mann trägt die langen, ergrauten Haare oft zu einem Zopf zusammen gebunden, außerdem weite bequeme Hosen und pfeift meistens vor sich hin. Er kümmert sich im Haus um alles Mögliche: Verlorengegangene Kinder und Haustiere, Weihnachtsdeko in schrillen Farben im Treppenhaus Ende des Jahres und um seine Freunde in allen Lebenslagen. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich habe es mehrmals hautnah miterlebt, wie in seiner Wohnung laut und ausgelassen gefeiert wurde oder ein Freund oder Freundin verheult vor seiner Wohnungstür stand. Bei ihm bin ich öfter zu Gast, besonders an kalten Wintertagen wie jetzt. Seine Räume bergen eine reichhaltige Auswahl an unterschiedlichem Krimskrams, zum Beispiel Schneekugeln mit Häusern oder Kirchen darin, staubige Zimmerpflanzen, bunte Bilder, Fußball-Fanartikel und dergleichen. Ich liebe seine Kugeln aus Glas, manchmal hat er sie geschüttelt und ich sah stets fasziniert dem wilden Treiben im Glas zu. Mit seinem Haustier, einem mittelgroßen Hund, komme ich aus. Wir sind zwar nicht beste Freunde, lassen uns aber in Ruhe. 

Katrin wollte mich nicht zurück haben und so blieb ich. Ich wohne oft im Treppenhaus, an sehr kalten Wintertagen bei dem Hippie-Mann. Er stellt mir eine Katzenbox und Futter ins Treppenhaus und alle Nachbarn lassen mich hinein und hinaus. 

Eine blonde Frau kam gestern mit einem großen Umzugswagen und einigen Männern, die ihre Möbel ins Dachgeschoss schleppten, hier an. Den halben Tag war es unmöglich, mein Schläfchen in der Box im Treppenhaus zu halten, weil ständig schnaufende Menschen mit Kisten und Möbeln hin und her liefen. Es lag eine eigenartige Spannung in der Luft. Die blonde Frau erzählte dem Hippie-Mann unten an der Eingangstür, dass sie vorher in einem großen Haus gelebt habe. Jetzt freue sie sich auf einen neuen Lebensabschnitt. 

Im Sommer höre ich meinen Mitbewohnern gerne zu, wenn auf ihren Balkonen mit Freunden sitzen und über das Leben philosophieren oder von Alltäglichem berichten. Manchmal habe ich mich unter einem Busch zusammengerollt und ihrem Lachen gelauscht. Momentan sind die Menschen aber in ihren Wohnungen, weil es draußen kalt ist. 

Hier lebt auch eine Art Geheimpolizei. Eine ältere Dame, mit Locken, die aussehen wie Draht, grau und hart. Sie gibt immer vor, schlecht zu hören. Das stimmt aber nicht, ich habe sie beobachtet. Sie hört und weiß alles. Sie hat den Überblick, wer nie den Keller gefegt hat, den Müll nicht ordentlich trennt und bei der Reinigung des Treppenhauses sämtliche Ecken auslässt und nie das Geländer abwischt. Besucher werden genau von ihrer Wohnung im Erdgeschoss beobachtet und falls es ein Einbrecher wagen würde, einen Gegenstand aus einer Wohnung zu entwenden, wäre der Bösewicht schneller hinter Schloss und Riegel als er bis drei zählen kann. Aber auch die Geheimpolizei versorgt mich mit Leckerlis, deshalb ist mir egal, was sie sonst tut. Irgendwo schlummert in dem Körper mit dem Drahtgestell auf dem Kopf ein gutes Herz, zumindest für alte flauschige Kater. 

Wollt ihr mehr von meinen Mitbewohnern erfahren? Von dem Mann mit dem traurigen Blick aus dem zweiten Stock, der nie mit den Nachbarn redet und keinen  Besuch bekommt? Oder dem düsteren Mann mit dem struppigen Bart aus dem Erdgeschoss, der seine Küche nur zum Kaffee kochen benutzt. Jeden Abend steht das Auto eines anderen Pizzadienstes vor der Eingangstür. Die Türme von Pizzakartons trägt er mit einer besonderen Technik zum Papiermülleimer. Ich habe es erst einmal erlebt, dass er seinen Turm auf dem Weg neu gestapelt hat. Dann gibt es noch den Rothaarigen aus dem Dachgeschoss, der gerne laute Hip Hop-Musik hört, parallel dazu läuft oft sein Staubsauger. Wahrscheinlich übertönt er damit innere Stimmen, die ihm Unangenehmes ins Ohr flüstern. Außerdem wohnt eine Familie mit zwei Kindern im ersten Stock. Das kleine Mädchen ist meine beste Freundin. Wir sind oft draußen gemeinsam unterwegs oder sitzen einfach nebeneinander. 

Dann möchte ich noch meine Lieblingsfußmatte von der alten Dame mit der Drahtfrisur erwähnen. Die Fußmatte ist weich und ein Bild von einer Maus ist darauf zu sehen. Dort liege ich gerne. Echte Mäuse fange ich schon seit Jahren nicht mehr. Ich bin zu langsam, zu alt und die Mäuse sind zu flink für mich, aber auf der Matte träume ich von meiner großen Zeit als Mäuseschreck rund um mein Zuhause. Manchmal, wenn es kalt ist, schmerzen meine Beine. Dann schließe ich die Augen  träume ich in der Box im Treppenhaus, um mich abzulenken. Ich möchte noch  hierbleiben und meine Mitbewohner beobachten und erfreuen. Dem Hippie-Mann und den anderen Menschen im Haus, würde ich fehlen, das weiß ich. Irgendwann werde ich einfach friedlich einschlafen und woanders hinkommen. Wohin ist das große Geheimnis, was selbst alte Kater nicht kennen.