Dies ist das Zuhause der
Menschen, Haustiere und
meiner Geschichten. :-)
Heute schreibt Sarah
wieder in ihr Tagebuch.
Sie wohnt im 2. Stock rechts.
Mitte Oktober –
Dialoge
Liebes Tagebuch,
dieses Wochenende hatte
ich einen Online-Kurs 'kreatives Schreiben' gebucht.
Tagebuch schreiben bringt
mir immer mehr Spaß und wer weiß, vielleicht veröffentliche ich
irgendwann ein Buch?
Ein Thema dieses Kurses
lautete „Dialoge“.
„Dialoge bringen die
Handlung voran“, hatte die Dozentin erklärt, „außerdem wird die
Handlung für den Leser lebendiger und greifbarer.“
Als kleine Übung hatte
ich einen typischen Dialog mit meinem inneren Schweinehund
aufgeschrieben. Der kam bei der Dozentin und anderen Teilnehmern gut
an. Hier ist ein kleiner Auszug daraus:
Sarah: „Es ist Sonntag
11.30 Uhr. Ich sollte jetzt wirklich aufstehen und etwas Produktives
tun.“
Schweinehund: „Bist Du
wahnsinnig? Du hast heißen Kaffee und noch ein halbes Brötchen auf
dem Tablett neben Deinem Bett. Wieso – um alles in der Welt –
möchtest Du diesen warmen und kuscheligen Ort verlassen?“
Sarah: „Irgendwie
stimmt es ja, aber ….. was ist mit der Wäsche, die noch gebügelt
werden müsste? Oder der Abwasch, der noch zu erledigen ist? Hast Du
eine Idee, wer das tun könnte?“
Schweinehund: „Das ist
vollkommen unwichtig. Für die nächsten Tage gibt es genügend
Kleidung in Deinem Schrank und der Abwasch kann warten. Die Teller
und Tassen werden nicht weglaufen.“
Sarah: „Du hast ja so
recht. Was soll ich da draußen in der Kälte? Wenn ich mir
vorstelle, nur meinen großen Zeh unter meiner Decke nach draußen zu
strecken, läuft es mir schon eiskalt den Rücken herunter. Aber ….“
Schweinehund: „Kein
„Aber“. Alles ist gut, so wie es ist.“
Sarah: „Und wenn ich
etwas Tolles verpasse? Ich könnte eine Radtour machen,
Kastanienmännchen basteln oder Gitarre spielen.“
Schweinehund: „Was für
ein Quatsch! Es war eine anstrengende Woche. Das alles tut Dir nicht
gut.“
Sarah: „Ich wollte bis
gestern unbedingt Kastanienmännchen basteln und meine Deko damit
ergänzen. Bewegung ist super und meine Gitarre entführt mich immer
in unbekannte Musik-Welten. Was sagst Du dazu, Du Schweinehund?“
Schweinehund: „Bewegung
wird überbewertet, Kastanienmännchen sind komplett überflüssig
und Musik-Welten kannst Du an einem anderen Tag entdecken. Mehr gibt
es dazu nicht zu sagen.“
Sarah: „Dann einigen
wir uns auf einen Kompromiss. Ich starte jetzt eine entspannte CD und
fülle in der Küche noch Kaffee nach. Wenn die CD zu Ende ist, stehe
ich auf und werde alle diese Dinge tun.“
Schweinehund: „Mach das
und wir werden sehen, wer im Endeffekt am längeren Hebel sitzt.“
Ende offen ….
So, liebes Tagebuch,
jetzt könnten wir beide - als Schreibübung für mich - einen Dialog
beginnen. Was meinst Du?
Tagebuch: „Okay, Sarah.
Worüber wollen wir uns unterhalten an diesem Sonntag im Oktober?
Gibt es etwas, was Dich aktuell beschäftigt?“
Ich: „Ja, ich weiß
nicht, wie ich es beschreiben soll.“
Tagebuch: „Versuche es
einfach, ich habe Zeit.“
Ich: „Danke für die
Geduld. Geduld für das Zuhören haben andere Menschen meistens
nicht. Das ist schon ein Teil dessen, was mich gerade beschäftigt.“
Tagebuch: „Versuche
doch einmal zu erklären, worüber Du genau gerade nachdenkst.“
Ich: „Manchmal denke
ich, dass ich nicht in diese Welt gehöre. Alles ist so laut und
grell, es gibt keine Zeit für inneres Wachstum sondern nur das
Zeigen von Status ist anscheinend wichtig.“
Tagebuch: „Hast Du ein
Beispiel?“
Ich: „Vor einigen
Wochen hatte mich ein Mann, der an mir interessiert war, zum Essen
eingeladen. Ich dachte zumindest, dass er an mir als Person
interessiert war. Während unseres Treffens redete er ohne Punkt und
Komma nur über sich, seinen beruflichen Erfolg, sein großes Haus
und so weiter. Ich kam als Individuum gar nicht vor, eher meine
äußeren Merkmale, meine Figur und Haarfarbe. Er hielt einen
Monolog, weil ich höflich bin und ihn nicht unterbrach. Es war echt
seltsam. Nach dem Essen hat er mich nach Hause gebracht, natürlich
mit seinem Riesenauto. Es fühlte sich irgendwie leer an.“
Tagebuch: „Wolltet Ihr
Euch wiedertreffen?“
Ich: „Nein, ich habe
ihm am nächsten Tag höflich geschrieben, dass es für mich nicht
passt und den Kontakt beendet.“
Tagebuch: „Dann ist
doch alles gut.“
Ich: „Es ist für mich
ein Beispiel von vielen. Das Echte scheint oft nicht mehr zu
existieren, zumindest für die meisten. Häuser und Autos sind
wichtiger. Wo ist in dieser Welt mein Platz? Manchmal kann ich
Brücken bauen, das gelingt aber meistens nicht, weil es so wenig
Resonanz dafür gibt und alles so hektisch und laut ist.“
Tagebuch: „Hast Du bei
dem Treffen mit diesem besagten Mann versucht, Brücken zu bauen?“
Ich: „Ja, natürlich.
Manchmal hatte ich das Gefühl, dass in ihm etwas arbeitete, weil ich
meine Meinung zu bestimmten Themen geäußert habe, sofern ich zu
Wort kam.“
Tagebuch: „Welche
Themen?“
Ich: „Das Thema
körperliche Begegnung zwischen zwei Liebespartnern. Meine Meinung
ist, dass nur eine Bindung diese Begegnung erfüllend gestalten kann.
Ohne Bindung gibt es aus meiner Sicht nur einen leeren, mechanischen
Vorgang. Dem hat er sogar zugestimmt, wirkte aber etwas ratlos. Dann
hat er schnell wieder das Gespräch in eine andere Richtung gelenkt:
Auf Dessous, die er bei Frauen heiß findet und auf vermeintlich
wichtige Leute, die er kennt .“
Tagebuch: „Ach so,
dieses Thema. Männer denken darüber wahrscheinlich wirklich anders
als Frauen. Aber ich bin ja nur ein Buch aus Papier und kann das
nicht beurteilen.“
Ich: „Das mag sein.“
Tagebuch: „An Deiner
Stelle würde ich einfach nach Menschen Ausschau halten, die mehr zu
bieten haben als nur ihren Besitz. Besitz ist an sich nichts
Verwerfliches, er sollte allerdings keine innere Leere kompensieren.
Dessous können auch etwas sehr Schönes sein, wenn sie nicht das
Einzige sind, was zwei Liebende verbindet.“
Ich: „Innere Leere
spüre ich bei meinen Mitmenschen oft, nicht nur bei Männern, die an
mir als Frau interessiert sind. Die innere Leere, die mir entgegen
schreit, ist manchmal kaum auszuhalten.“
Tagebuch: „Freue Dich
doch darüber, dass es bei Dir anders ist.“
Ich: „Dafür bin ich
sehr dankbar. Da die meisten anders zu sein scheinen als ich, ist es
aber auch ein einsames Gefühl. Natürlich davon ausgenommen sind
meine guten langjährigen Freunde. Im Zusammensein mit ihnen spüre
ich viel Nähe und es entstehen viele echte Ideen und
Aufbruchstimmung.“
Tagebuch: „Hat Dich das
Abendessen mit dem Verehrer Deiner Figur und Haarfarbe und der
Vorliebe für bestimmte Dessous aktuell so nachdenklich gemacht?“
Ich: „Das ist wohl so.
Es wird soviel echtes Potential verschenkt, wenn der Fokus
ausschließlich auf Äußerlichkeiten liegt.“
Tagebuch: „Dann bin ich
gespannt, wie es weitergeht. Lasse Dich nicht irre machen. Du kennst
ja schon Menschen, die das Echte leben und lieben.“
Ich: „Danke für dieses
tolle Schlusswort. Schön, dass es Tagebücher gibt, um diese
Gedanken aufzuschreiben.“
Und genau hier enden alle Worte dieser Welt, musikalische Schönheit und Intensität bis an die Schmerzgrenze:
Nigel Kennedy: The Lark Ascending: Romance for violin and orchestra
Dialog Ende
So genug der
Schreibübungen für heute. Jetzt gehe ich wirklich noch einmal vor
die Tür, Schweinehund hin oder her. Der Schweinehund wird
definitiv beleidigt sein. Vielleicht treffe ich draußen den Kater
Spike. Er ist so ähnlich wie ein Tagebuch und hilft dabei,
Gedankenknäuel zu entwirren.
Fortsetzung folgt